Offenheit, Vertrauen und Ehrlichkeit sind das A und O, wenn eine Therapie erfolgreich verlaufen und abgeschlossen werden soll. Weil es aber nicht immer einfach ist, eine Lüge auch gleich zu erkennen, wird dieses Thema in der Mentalcoach Ausbildung umfangreich beleuchtet. Denn schon wenn der Therapeut zum ersten Mal mit dem Klienten spricht, bildet er sich – wenn auch nur unterbewusst – eine Meinung über ihn. Auf seine Augen und Ohren kann er sich aber nicht unbedingt verlassen, wenn es um die Einschätzung geht, ob der Klient die Wahrheit sagt. Es gibt aber einige Anzeichen dafür, die sofort erkennen lassen, ob ein Mensch lügt oder nicht, wie die angehenden Therapeuten in der Mentalcoach Ausbildung erfahren.
So ist der Lügen- und Emotionsforscher Paul Ekman davon überzeugt ist, dass die Wahrheit einem Menschen ins Gesicht geschrieben sei. Folgende Anzeichen für Lüge und Wahrheit gibt es:
- Eindeutige Kennzeichen dafür, ob ein Mensch lügt oder nicht, gibt es weder in der Sprache noch in der Gestik. Es gibt aber Merkmale, die darauf hinweisen, dass ein Mensch täuschen will.
- Paul Ekman suchte dafür vor allem nach Mikroexpressionen und anderen nonverbalen Indizien. Die meisten Forscher sind aber davon überzeugt, dass sprachliche Merkmale mehr Aussagekraft haben.
- Eine Übertragung von Forschungsergebnissen auf die Praxis ist allerdings nicht ganz so einfach, wie die angehenden Therapeuten in ihrer Hypnose Ausbildung erfahren. Denn die durchschnittlichen Ergebnisse aus dem Labor sagen im wahren Leben nicht unbedingt etwas über den Einzelfall aus.
Ekmans Ansatz ist allerdings sehr alt, wie sich schon aus indischen Schriften aus dem neunten vorchristlichen Jahrhundert herauslesen lässt. Die Aussage „Wessen Lippen schweigen, der schwätzt mit den Fingerspitzen: Aus allen Poren dringt ihm der Verrat.“ soll Sigmund Freund im Rahmen einer Fallanalyse zu Beginn des 20. Jahrhunderts getroffen haben. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird die Suche nach der Wahrheit intensiver vorangetrieben. Seitdem werden vor allem von US-amerikanischen Sicherheitsbehörden Lügendetektoren eingesetzt. Diese registrieren verschiedene Faktoren, unter anderem die Veränderungen von Atem, Puls und Schweißproduktion, wenn den Befragten kritische Fragen gestellt werden. Diese Tests gelten in Deutschland nicht als Beweis, hier wird die Glaubhaftigkeit mit einer Inhaltsanalyse geprüft. Im Alltag suchen die Menschen aber nach wie vor mit Augen und Ohren nach Anzeichen für eine Lüge.
Der Psychologe Paul Ekman war der erste, der nach Indizien für Lüge und Wahrheit, die sich direkt beobachten ließen, in großem Stil suchte. So formulierte er bereits in den 1960ern seine „Theorie der universellen menschlichen Mimik“ für Grundemotionen wie Angst, Freude oder Wut. In einem Artikel über nonverbale Signale formulierte er 1969 die Grundlagen seiner Lügentheorie. Der Gedanke dahinter bestand darin, dass Menschen Emotionen, die sie eigentlich verbergen wollen, über Mimik sowie Arm- und Handbewegungen verraten. Etwa durch einen kurzen Gesichtsausdruck, der nur einen Sekundenbruchteil lang andauert und für ungeübte Beobachter unsichtbar bleibt.
Mikroexpressionen und Emotionen
Mikroexpressionen, aus welchen sich versteckte Emotionen ablesen lassen, sind allerdings nicht allzu häufig. Laut Ekman lassen sich abgebrochene oder unvollständige Emotionen weitaus häufiger beobachten. Spielt jemand Trauer oder Angst vor, fehlen beispielsweise die für diese Emotionen typischen Stirnfalten. Oder wenn jemand ein Lächeln vortäuscht, bleiben die Augenmuskeln stumm. Derartige Unstimmigkeiten sind nach Ekman aber kein Beweis, sondern lediglich ein Hinweis auf eine Täuschung. Zudem reiche ein einziger Hinweis lange noch nicht aus.
Angst ist kein Anzeichen für eine Lüge
Viele Forscher nehmen die Idee, Mikroexpressionen zu nutzen, um Täuschungen aufzudecken, nicht allzu ernst, so Kristina Suchotzki, Rechtspsychologin an der Mainzer Uni. Ihrer Meinung nach hat die Theorie ihre Schwächen: „Wenn jemand bei einem Verhör Angst hat, heißt das nicht, dass er lügt. Man kann aus einer Emotion nicht auf eine Täuschung schließen.“
Suchotzki verfolgt deshalb einen anderen Ansatz: Sie sucht in erster Linie nach Anzeichen für eine geistige Anstrengung, die ein Mensch, der lügt, leisten muss. Der Grund: Er muss nicht nur die Wahrheit verheimlichen, sondern zugleich auch eine alternative Geschichte erfinden, die schlüssig ist, sich in sein Gegenüber hineinversetzen und die Gefühle, die ihn verraten könnten, im Griff haben. Darüber hinaus muss der Lügner auch noch authentisch wirken. Sie will also Kognitionen und Emotionen zusammen untersuchen und damit herausfinden, was im Kopf eines Menschen vorgeht, wenn er lügt.
Fremde schätzen Kinder genauso gut ein wie Eltern
Wie sieht es aber aus, wenn man das Gegenüber sehr gut kennt, etwa wenn es sich um die eigenen Kinder handelt? In Kanada wurde 2016 in einem Experiment untersucht, ob die Eltern Lügen ihrer Kinder besser erkennen können als andere Eltern oder Studenten. Allen drei Gruppen wurden Videos gezeigt, in welchen Kinder von 8 bis 16 Jahren auf die Frage antworten mussten, ob sie in einem Test gespickt hatten. Das Ergebnis: Die Eltern erkannten die Lügen ihrer Kinder nicht besser als die beiden Kontrollgruppen. Allerdings neigten die Eltern dazu, den eigenen Kindern mehr zu glauben als die Mitglieder der Kontrollgruppen.
Kang Lee, ein Studienautor und Psychologe an der University of Toronto, ging noch einen Schritt weiter: Er maß mit Hilfe eines Gerätes die Durchblutung im Gesicht seines eigenen Sohnes. Er stellte fast, dass der Blutfluss in den Wangen sinkt, während er in der Nase steigt, was er als „Pinocchio-Effekt“ bezeichnete.
Die stärkere Durchblutung der Nase für das Indiz einer Lüge zu halten, hält Kristina Suchotzki dagegen für absurd. Ein derartiger Effekt sei ihrer Meinung nach in einer kontrollierten Situation vielleicht nachweisbar, jedoch könne dieser Effekt sehr wohl auch bei einem Menschen auftreten, der die Wahrheit sagt.
In den USA wurde eine Metaanalyse durchgeführt, wonach 14 von insgesamt 50 nonverbalen Merkmalen auffällig oft auftraten, wenn ein Mensch log. Das gilt insbesondere für Anspannung und erweiterte Pupillen. Zudem wurden falsche Angaben eher unsicher und zögerlich gemacht. In einer Metaanalyse der Universität Gießen fand man zudem Hinweise auf eine stärkere Selbstkontrolle des Lügenden.
Diese Effekte sind nach Meinung von Kristina Suchotzki aber so klein und instabil, dass sie im Alltag nicht dabei helfen, eine Lüge erkennen zu können. Etwas aussagekräftiger seien sprachliche Merkmale, wenngleich auch diese Effekte nicht allzu groß sind.